Varanasi

Varanasi – eine Stadt, in der alles anders ist. Kaum eine andere Stadt in Indien ist so überfüllt, laut und chaotisch. Es kann einen manchmal überwältigen. Mit etwa 1,3 Millionen Einwohnern ist Varanasi noch extremer und dreckiger als alles, was ich bisher gesehen habe. Doch auf seltsame Weise wandelt man durch diese Stadt, und es stört einen weniger als in anderen Städten. Vielleicht liegt es daran, dass Varanasi irgendwie in einem „Dauertrance“ zu sein scheint.

Für die Hindus ist Varanasi die heiligste Stadt Indiens und bekannt als die Stadt, „in der die Menschen zum Sterben kommen“. Gläubige Hindus pilgern aus allen Teilen Indiens hierher, um auf den Tod zu warten. Der Glaube besagt, dass man sich dadurch aus dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten befreien kann. Das heilige Ritual bleibt stets dasselbe: Ein Leichnam wird verbrannt, und die Asche wird in den Ganges gestreut, den größten Fluss Indiens, der ebenso wie die Stadt selbst den Hindus als heilig gilt. Die Gewässer des Ganges werden als „Amrita“ bezeichnet – übersetzt „Nektar der Unsterblichkeit“. Durch diese Zeremonie, so der Glaube, kann man das ewige Leben erlangen und ins Moksha eintreten – ein Zustand vergleichbar mit dem buddhistischen Nirwana.

 

Der Ganges ist mit über 2600 Kilometern Länge der zweitgrößte Fluss Indiens. Er entspringt im Himalaya Gebirge nahe der indisch-tibetischen Grenze und fließt quer durch das Land, bis nach Bangladesh, wo er dann dort im indischen Ozean mündet

Der Ganges wirkt hier auf dem Foto sehr friedlich. Die Stimmung bei Sonnenaufgang ist schon etwas ganz Besonderes. Doch der Schein trügt.
Schon in den frühen Morgenstunden pilgern täglich Tausende von Menschen an den Ganges, um sich nach hinduistischem Glauben im Wasser des Ganges „von ihren Sünden reinzuwaschen“. Dabei muss der Körper mehrmals vollständig untergetaucht werden.

Hier werden täglich viele Tote verbrannt.

Nicht nur die Waschung am Ganges ist heilig. Am Ufer des Ganges – an einem der berühmten Ghats (Steintreppen am Flussufer) – dem Manikarnika Ghat – werden die Toten der Vanarasi verbrannt. Die Toten werden zuerst im Ganges gereinigt, dann auf Holz verbrannt und die Asche anschließend in den Fluss gestreut. Kinder, schwangere Frauen oder Priester dürfen jedoch aus Glaubensgründen nicht verbrannt werden. Sie werden einfach mit Gewichten beschwert und im Fluss versenkt. Eine Vorstellung, die wie ein Schauermärchen klingt. Und ich bin nur froh, dass ich keine Leiche im Fluss habe treiben sehen. Denn das soll nicht ungewöhnlich sein.

Mittlerweile wird im und am Ganges alles Mögliche gemacht, nicht nur die Notdurft verrichtet, sondern auch die Wäsche gewaschen ….. der Fluss zählt zu den schmutzigsten Gewässern der Welt. Manchmal sollte man nicht darüber nachdenken, was hier alles passiert und einfach „abschalten“, um die für uns fremden Gewohnheiten zu ertragen.

Das Leben in Varanasi ist nicht minder skurril. Auf den Straßen trifft man auf eine Mischung aus Spiritualität und alltäglichem Chaos – Verkäufer, Pilger, heilige Kühe und die unaufhörliche Bewegung der Menschen, die alle nebeneinander existieren. Der Glaube durchdringt jede Ecke der Stadt: Gebete werden auf den Straßen gesprochen, und überall sieht man Menschen, die im Ganges baden, als Teil ihrer spirituellen Praxis. Die Atmosphäre ist einzigartig, ein faszinierendes Zusammenspiel von Tradition und Modernität, das einen immer wieder in Staunen versetzt.

 

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